Streit um Armenrente

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24.04.2008 Rüttgers eckt mit seinem Vorstoß bei Parteikollegen an

In der CDU tobt ein heftiger Streit um die Forderung von Parteivize Jürgen Rüttgers, die Renten für Geringverdiener zu erhöhen. Die Parteiführung ist dagegen, doch es gibt einen Parteitagsbeschluss.
Die CDU-Spitze lehnt ebenso wie die Bundesregierung den Vorstoß des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ab, die Renten für langjährige Geringverdiener zu erhöhen. Unterstützung bekommt der stellvertretende CDU-Vorsitzende dagegen von Sozialpolitikern.

"Heute kriegen Arbeitnehmer, die etwa 35 Jahre lang geringe Beiträge eingezahlt haben, eine Rente, die nicht höher ist als die Grundsicherung. Da stellt sich der Bürger zu Recht die Frage: Warum soll ich überhaupt noch arbeiten, wenn es auch ohne Arbeit die gleiche Rente gibt? ", hatte Rüttgers in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung " erklärt. Um diesen Vorschlag umzusetzen, forderte er eine Steuerfinanzierung, wenn es keine zusätzlichen Beitragseinnahmen gebe.

Der Vorsitzende der CDU-Arbeitnehmerschaft, Karl-Josef Laumann, sprang ihm gestern zur Seite. Er verwies auf einen Beschluss des Leipziger Parteitags 2003. Danach ist es Ziel der CDU, "dass langjährige Versicherte, die immer Vollzeit beschäftigt waren, eine Rente mindestens 15 Prozent oberhalb der jeweils gültigen Sozialhilfe erhalten ". Laumann, der auch nordrhein-westfälischer Arbeitsminister ist, forderte zusätzliche Instrumente, um langjährige Beitragszahler zu unterstützen. Er erinnerte an die Rente nach Mindesteinkommen, die es bis Ende 1992 gab. Auch der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralf Brauksiepe, begrüßte den Vorschlag.

Dagegen lehnte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla die Forderungen ab. "Fest steht: Am Prinzip, dass jeder eingezahlte Euro gleich behandelt wird, darf nicht gerüttelt werden - egal ob er zu einer kleinen, mittleren oder hohen Rente führt. " Das beste Mittel gegen Altersarmut sei eine lange und gut entlohnte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Er lehnte es ab, den Bundeszuschuss und damit die Finanzierung aus Steuern zu erhöhen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, warf Rüttgers vor, die christlich-sozialen Wurzeln der CDU zu verlassen. Diese beruhten darauf, dass zunächst nach der Verantwortung des Einzelnen gefragt werde und erst in zweiter Linie nach einer staatlichen Existenzsicherung.

Die Bundesregierung hatte schon am Tag zuvor betont, sie wolle am bewährten System festhalten. Erforderliche Änderungen sollten innerhalb des Systems geschehen. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) sagte: "Herr Rüttgers hat wie immer keinen Vorschlag gemacht, sondern nur den Versuch, Aufregung auszulösen und Wellen zu schlagen. " Scholz will durch den Mindestlohn dafür sorgen, dass die Rente im Alter höher ausfällt.
SAÜDWEST PRESSE,23.04.2008

Letzte Änderung: 24.04.2008