Gegen das männliche Rollenverständnis

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24.04.2008 Der "Jungenzukunftstag " bietet Einblicke in Sozial- oder Erziehungsberufe

Das typisch männliche Rollenbild hinterfragen soll der heutige Projekttag "Neue Wege für Jungs ". Er ist als Gegenstück zum "Girls Day " gedacht.
Blumen binden statt Computer programmieren, Sandburgen bauen statt Automodelle entwerfen, Kochschürze statt Anzug: Traditionell männliche Berufsvorstellungen werden in dem Projekt "Neue Wege für Jungs " kräftig umgekrempelt. Parallel zum "Girls" Day ", der Mädchen für technische Berufe begeistern soll, bietet der "Jungenzukunftstag " heute Buben die Möglichkeit, für einen Tag in Berufe im Sozial-, Pflege-, Erziehungs- und Dienstleistungsbereich zu schnuppern.

Ziel sei es, den Jungen neue berufliche Perspektiven aufzuzeigen und das "typische männliche Rollenbild des Alleinernährers und starken Helden " zu hinterfragen, sagt Dörte Jödicke, Sprecherin des Service-Büros "Neue Wege für Jungs " des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit in Bielefeld.

Benedikt Baumgärtner möchte zwar mal Elektriker werden, könnte sich aber auch vorstellen, als Kindergärtner zu arbeiten. "Mir wäre egal, was meine Freunde dazu sagen. Das ist doch mein Leben ", sagt der 14-Jährige. Ähnlich sehen das seine Klassenkameraden aus der 7a der Münchner Artur-Kutscher-Realschule: Florian Probst, Philip Griebel und Tobias Zenz verbringen heute einen Tag im Kindergarten. Ihr Freund Marc Fischer wird einem Tierarzt über die Schulter schauen: "Ich mag Tiere und würde später gerne mit ihnen arbeiten ", sagt der 13-Jährige. Diese Schüler sind nur fünf von tausenden Buben, die dieses Jahr am "Jungenzukunftstag " teilnehmen. Seit drei Jahren gibt es das Projekt, bei dem 2007 knapp 10 000 Jungen der Klassen fünf bis zehn mitgemacht haben. Großen Zulauf erfährt das Projekt in Germering (Kreis Fürstenfeldbruck): 244 Jungen werden dort heute Kindergärten, Altenheime, Supermärkte, Friseursalons, Zahnarztpraxen und sogar eine Hebammenpraxis belagern. "Egal, wo die Jungen hingehen, es bringt ihnen immer etwas, weil sie sich einbringen müssen ", sagt Projektleiter Hans-Ulrich Pollaschke.

Die Erfahrung Susanne Müllers, Gleichstellungsbeauftragte im oberfränkischen Coburg, zeigt hingegen, dass sich nicht jeder Bub begeistern lässt: "Für die Mädchen ist es cool, am "Girls" Day " teilzunehmen, manche Jungs betrachten es aber als peinlich, etwa in Kindergärten zu gehen. "

Ein Umdenken fordert Hartmut Kick, Jungenbeauftragter der Stadt München. Männer, die sich stärker im Haushalt und der Familie betätigen, müssten breitere gesellschaftliche Akzeptanz erfahren. Vor allem sei wichtig, dass mehr Männer in Erzieherberufen tätig würden: "Viele Jungs orientieren sich an künstlichen Figuren aus den Medien, weil echte Vorbilder fehlen. "

Dass Jungenförderung noch ein Randthema ist, sagt auch der Projektkoordinator von "Neue Wege für Jungs ", Miguel Diaz: "Vor uns liegt noch viel Feld, das wir bearbeiten müssen. "

http://www.neue-wege-fuer-jungs.de
SÜDWEST PRESSE,24.04.2008

Letzte Änderung: 24.04.2008