Die Zufriedenheit überwiegt

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13.09.2008 40 Prozent der Azubis machen aber Überstunden - Großbetriebe besser Die meisten Azubis sind mit ihrer Ausbildung zufrieden.

Aber 40 Prozent geben in einer Befragung an, dass sie Überstunden machen müssen. Und jeder dritte klagt darüber, selten fachlich angeleitet zu werden.
Der Frust sitzt tief bei Jana (Name geändert). "Eigentlich hatte ich gehofft, wirklich einen Einblick in das Berufsbild Hotelfachfrau erhaschen zu können, stattdessen bin ich eigentlich nur als Putzfrau tätig und erledige Arbeiten, die nicht zur Ausbildung gehören ", schrieb die Auszubildende im Februar dieses Jahres an den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Dass das Mädchen kein Einzelfall ist, zeigt der Ausbildungsreport 2008, den der DGB vorstellte.

Rund drei Viertel der befragten Auszubildenden geben darin zu Protokoll, dass sie ab und zu ausbildungsfremde Tätigkeiten verrichten zu müssen. Und jeder Sechste beschwert sich, dass er häufig oder sogar immer Dinge erledigen müsse, die nicht zu seiner Ausbildung gehörten wie Putzen oder Privatwünsche des Chefs erfüllen.

Auf der anderen Seite fehlt vielen Jugendlichen die fachliche Anleitung. So gibt knapp ein Drittel der Befragten an, dass ihnen nur manchmal, selten oder nie Aufgaben erklärt würden.

Nach einer qualifizierten Ausbildung klingt das kaum. Diese sei jedoch unbedingt notwendig, um dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, moniert Christian Beck, Bundesjugendsekretär der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau).

Die Zufriedenheit ist in Großbetrieben laut Studie häufig höher als in kleinen und mittleren Betrieben. In Großbetrieben hätten die Auszubildenden oft die Möglichkeit, mehrere Stationen zu durchlaufen und sich weiterzuentwickeln. Ausbildungspläne würden weitgehend eingehalten. In kleineren Betrieben, meist Handwerksbetrieben, herrschten nicht selten mehr Stress und eine schlechtere Arbeitsatmosphäre. Ausbildungspläne hätten oft eine geringere Bedeutung.

Zur Zufriedenheit trägt auch die Vergütung bei. Auch die ist bei Industriemechanikern und Bürokaufleuten mit rund 750 EUR doppelt so hoch wie bei Bäckern und Malern. Dramatisch abgerutscht im Vergleich zum Vorjahr sind die medizinischen Fachangestellten: von dem zweiten auf den 18. Platz.

Von den Befragten hat jeder zehnte bereits einmal die Ausbildung abgebrochen. Die offizielle Quote liegt mit 19,8 Prozent allerdings noch höher. Auch hier liegen die Gründe laut Studie bei extrem vielen Überstunden, schlechter Vermittlung von Ausbildungsinhalten. 40 Prozent geben an, regelmäßig Mehrarbeit zu leisten. Der Aspekt Überstunden hängt auch eng mit der Zufriedenheit der jungen Leute zusammen: Wer Überstunden mache, sei tendenziell unzufriedener mit seiner Ausbildung. Demnach mussten fast 69 Prozent von den "sehr Zufriedenen " keine Überstunden machen. Von den "sehr Unzufriedenen " leisteten hingegen 64 Prozent regelmäßig Mehrarbeit in den Betrieben.

Einfluss auf die Zufriedenheit hätten aber auch die Chancen, nach der Ausbildung von den Unternehmen übernommen zu werden, ist die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock überzeugt. So seien 83,5 Prozent derjenigen, die sicher wüssten, dass sie übernommen werden, mit ihrer Ausbildung auch zufrieden. Bei denjenigen, die nicht übernommen würden, seien es nur gut 54 Prozent.

Doch nicht nur für die Zufriedenheit spiele die Übernahme eine wichtige Rolle, sagt Sehrbrock. Wer nicht übernommen werde, habe es auch bei Bewerbungen in anderen Betrieben schwerer. Selbst bei glänzenden Referenzen werde sich jeder potenzielle Arbeitgeber fragen, warum der Bewerber nicht von seinem Ausbildungsbetrieb festangestellt worden sei.

Deshalb sollten fertig ausgebildete Jugendliche ihrer Meinung nach auch deutlich häufiger als bislang von ihren Betrieben übernommen werden. "Wenn es gar nicht anders geht, wenigstens für ein halbes Jahr ", fordert Sehrbrock. Denn sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis zu bewerben sei allemal leichter als aus der Arbeitslosigkeit heraus.
SÜDWEST PRESSE,12.09.2008

Letzte Änderung: 13.09.2008