Hausverbot für Gewerkschaft

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30.09.2008 Verdi klagt gegen das Diakoniekrankenhaus in Schwäbisch Hall Gewerkschafter klagen den Zutritt ins Haller Diakoniekrankenhaus ein.

Der Streit hat Grundsatzbedeutung für 1,3 Millionen kirchliche Mitarbeiter.
Die Gewerkschaft Verdi will bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, um den Zutritt zum Diakoniekrankenhaus (Diak) in Schwäbisch Hall zu erreichen. Beim gestrigen Gütetermin vor dem Arbeitsgericht konnte erwartungsgemäß keine Annäherung der gegensätzlichen Positionen erreicht werden. Am 11. Dezember wird deshalb erneut verhandelt. "Das ist eine reine Rechtsfrage ", fasste der Richter zusammen.

Seit zwei Jahren bemüht sich der Gewerkschaftssekretär Anton-Eugen Schmid um die Anbringung einer Informationstafel im Diak. Im Mai 2007 wurde ihm eine Absage erteilt. "Wir haben unser eigenes kirchliches Recht, externe Vertreter dürfen das Haus nicht betreten ", begründete Diak-Chef Stephan Zilker das Verbot gegenüber der SÜDWEST PRESSE. Die Krankenhausleitung bezieht sich auf den Artikel 140 des Grundgesetzes, der den Kirchen ein weitgehendes Selbstbestimmungsrecht einräumt. Die Regelung wurde aus der Weimarer Verfassung von 1919 übernommen.

Verdi-Sekretär Schmid dagegen pocht auf Artikel 9 des Grundgesetzes "zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ". Zwar verwehrte das Bundesverfassungsgericht 1981 Gewerkschaftern den Zutritt zur kirchlichen Pflegeanstalt Bethel. Doch 1995 wurde entschieden, dass einem hauptamtlichen Funktionär die Tür geöffnet werden muss - allerdings in einem privaten Betrieb.

Unter den rund 2500 Diak-Mitarbeitern gibt es über 100 Verdi-Mitglieder. "Diese outen sich aber nicht gerne, weil sie Nachteile befürchten ", erklärte Günter Busch, Leiter des Fachbereichs Gesundheit und Soziales. Verdi-Anwalt Nikolaos Sakellariou verwies auf den 2007 geschlossenen Kirchenstaatsvertrag, der "die Verhältnisse zwischen Kirche und Staat auf neue Fundamente stellt ", womit der Weimarer Verfassungstext überholt sei.

Der Rechtsstreit ist von großer grundsätzlicher Bedeutung, da in Deutschland kirchliche Einrichtungen nach dem Staat zweitgrößter Arbeitgeber sind. Bundesweit stehen 1,3 Millionen Angestellte und Arbeiter auf der Lohnliste, davon rund 300 000 in Baden-Württemberg.

SÜDWEST PRESSE,30.09.2008

Letzte Änderung: 30.09.2008