Frauenarbeit wird schlechter entlohnt

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18.11.2008 EU-weit 15 Prozent weniger als männliche Kollegen - Deutschland unter dem Durchschnitt

Frauen verdienen EU-weit 15 Prozent weniger. Ein Maßnahmenkatalog soll die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern abschaffen.
Bessere Noten, schnelleres Studium, umfassende Qualifikation - und doch steht am Ende des Monats weniger auf dem Gehaltszettel als beim Kollegen. Frauen verdienen EU-weit für dieselbe Arbeit durchschnittlich 15 Prozent weniger als Männer. Ein Gegentrend ist nicht in Sicht.

Das soll nach Ansicht des Europa-Parlaments nun anders werden. Die Volksvertreter fordern diverse Maßnahmen, um mehr Lohngleichheit herzustellen. Heute wird in Straßburg darüber abgestimmt.

Ob im Einzelhandel, hinterm Bankschalter oder in der Chefetage: In sämtlichen Branchen unterliegen Europäerinnen im Gehaltsvergleich ihren männlichen Kollegen. Deutschland schneidet dabei besonders schlecht ab. Hier liegt der durchschnittliche Stundenlohn, den Frauen bekommen, rund 22 Prozent unter dem von Männern. Nur in Estland und Zypern sind die Unterschiede noch größer.

Das geht aus dem diesjährigen Gleichstellungsbericht der EU-Kommission hervor. "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich das auf Dauer verbessert ", weiß EU-Arbeitskommissar Vladimir Spidla. Eigentlich wollte der Tscheche, dem derartige Ungleichheiten ein Dorn im Auge sind, noch in diesem Jahr erste Gesetzesvorschläge machen. Da sich aber bislang nichts getan hat, nimmt das EU-Parlament nun selbst das Heft in die Hand.

Die Abgeordneten fordern die Kommission auf, endlich für Verbesserung zu sorgen. So soll ein "Europäischer Tag des gleichen Entgelts " eingeführt werden, um Wirtschaft und Gesellschaft für die Problematik sensibilisieren. Auch Unternehmen sollen in die Pflicht genommen werden. Hier heißt das Stichwort: mehr Transparenz. Arbeitgeber sollen die betrieblichen Gehaltsstatistiken, die nach Geschlechtern aufgeschlüsselt sein müssen, offenlegen.

Die Kluft zwischen männlichen und weiblichen Gehältern ist tief. Seit 1995 schrumpfte sie nur um zwei Prozentpunkte. Während in Frankreich eine Verbesserung von 13 auf zwölf Prozent zu beobachten ist, klafft die Gehaltsschere in Deutschland heute mit 22 Prozent weiter auseinander als noch in den 90er Jahren mit 21 Prozent.

"Diese absurde Situation muss sich ändern ", fordert Kommissar Spidla seit langem. Zwar betont auch der aktuelle Gleichstellungsbericht, dass ein Drittel aller Frauen in der EU in Teilzeit arbeitet, was zum Gehaltsunterschied beiträgt. Doch das ändert nach Ansicht der Parlamentarier nichts daran, dass Frauen oft diskriminiert würden. Zudem entstünden ihnen oft Nachteile durch eine Schwangerschaft.

Laut Bundesagentur für Arbeit verdiente eine Geschäftsführerin oder Filialleiterin im Jahr 2004 im Schnitt 4200 Euro brutto im Monat, ihr männliches Pendant rund 6200 Euro. Auch die Steuerberaterin strich mit 2700 Euro deutlich weniger ein als ihr Kollege ( 4200 Euro). Kassiererinnen und Verkäuferinnen verdienten 2100 und 1900 Euro, Männer in diesen Jobs rund 2700 Euro.

SÜDWEST PRESSE,18.11.2008

Letzte Änderung: 18.11.2008