Wie Migranten in Deutschland leben

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28.11.2008 Sie leben mit kleineren Einkommen in größeren Haushalten und sind oft schlecht ausgebildet:

Neue Zahlen beleuchten das Leben von Migranten in Deutschland. Meist sind sie weiter stark benachteiligt - doch es gibt auch positive Entwicklungen.

Die Zeiten, in denen in Deutschland pauschal über Ausländer oder "Gastarbeiter" diskutiert wurde, sind vorbei. Heute geht es in der politischen Debatte meist um Migranten. Zu ihnen wird gezählt, wer nach 1949 in die Bundesrepublik eingewandert ist, als Ausländer in Deutschland geboren wurde oder zumindest einen Elternteil hat, auf den eine der beiden ersten Tatsachen zutrifft.

Zum dritten Mal hat das Statistische Bundesamt die Situation der 15,4 Millionen Migranten in Deutschland nun in einer eigenen Veröffentlichung untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
Aus welchen Ländern stammen Migranten?

Die Türkei ist weiterhin mit Abstand das häufigste Herkunftsland deutscher Migranten: Fast jeder fünfte (19,4 Prozent) stammt von dort. An zweiter Stelle steht mit 6,8 Prozent die Russische Föderation, an dritter Stelle folgen Bürger mit italienischen Wurzeln (6,6 Prozent). Mit 77 Prozent stammt die deutliche Mehrheit deutscher Migranten aus Europa. Die einzige nennenswerte Zuwanderung von außerhalb kommt aus Kasachstan (2,6 Prozent).

2007 wurden Migranten erstmals gefragt, ob sie als Aussiedler oder Spätaussiedler nach Deutschland gekommen sind. 2,8 Millionen bejahten dies, das enstpricht einem Anteil von 18 Prozent an allen Migranten. Von den 4,5 Millionen Menschen, die wegen ihrer deutschen Wurzeln seit 1950 übergesiedelt sind, halten sich damit statistisch noch 61 Prozent in Deutschland auf.

Wie und wo leben Migranten?

Auch fast 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung leben nur rund 636.000 Migranten in den neuen Bundesländern - das sind gerade einmal 4,1 Prozent. In Westdeutschland ist der Anteil von Migranten an der Gesamtbevölkerung in Hamburg und den Regierungsbezirken Stuttgart und Darmstadt besonders hoch: mehr als ein Viertel der Bürger hat hier einen Migrationshintergrund. In Berlin und fast allen Teilen von Nordrhein-Westfalen ist mehr als jeder fünfte Migrant.

Im Vergleich leben Migranten seltener allein (11,8 vs. 19,7 Prozent), häufiger als Teil einer "klassischen" Familie mit Eltern und Kindern (56,2 vs. 34,1 Prozent) und in größeren Haushalten (Durchschnitt von 2,5 vs. 2,0 Personen)

Wo arbeiten Migranten?
In der Arbeitswelt sind Migranten nach wie vor benachteiligt: Sie sind doppelt so oft als Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt (46,6 vs. 24,9 Prozent), als Angestellte oder Beamte arbeiten sie entsprechend selten.

In der Reinigungsbranche sind Migranten deutliche überrepräsentiert
Jeder zehnte Migrant arbeitet in der Reinigungsbranche oder Abfallwirtschaft, bei Nicht-Migranten sind es nicht einmal drei Prozent. An zweiter Stelle folgt das Hotel -und Gaststättengewerbe, wo Migranten ebenfalls deutlich überrepräsentiert sind (8,1 vs. 2,8 Prozent). Nur 2,5 Prozent arbeiten in Führungspositionen - bei Bürgern ohne Migrationshintergrund sind es gut doppelt so viele.

Was verdienen Migranten?
Die Einkommensunterschiede sind deutlich: So verdient laut den Zahlen der Statistiker mehr als die Hälfte der Deutschen mit Migrationshintergrund (54,4 Prozent) weniger als 1300 Euro netto. Bei Deutschen ohne Migrationshintergrund liegt dieser Anteil hingegen nur bei 19,2 Prozent.

Wie sind die beruflichen Aussichten von Migranten?
Migranten sind fast doppelt so häufig arbeitslos (10,6 vs. 18,3 Prozent) wie Menschen ohne Menschen ohne Migrationshintergrund. Das dürfte eng damit zusammenhängen, dass 12,6 Prozent der Migranten keinen Schulabschluss und 46 Prozent keinen beruflichen Abschluss haben - bei Menschen ohne Migrationshintergrund sind es nur 1,6 und 21,1 Prozent.

Im Vergleich sind Migranten fast doppelt so häufig arbeitslos
Laut Statistischem Bundesamt profitierten 2007 aber auch Migranten von der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Die Zahl der Erwerbslosen mit Migrationshintergrund sei im Vergleich zum Vorjahr um 178.000 zurückgegangen und die Zahl von Migranten, die nicht nur geringfügig beschäftigt waren, dagegen um 221.000 angestiegen. Trotzdem ist der Abstand zu Menschen ohne Migrationshintergrund weiter deutlich: Migranten im Alter von 25 bis 65 Jahren waren 2007 fast doppelt so häufig erwerbslos (14,0% vs. 7,1%) oder gingen ausschließlich einer geringfügigen Beschäftigung nach (12,6% vs. 8,4%).

FTD.de, 26.11.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa, reuters

Letzte Änderung: 28.11.2008