Kampf gegen Entlassungen
Die IG Metall atmet auf: Die Mitgliederbilanz fällt wieder positiv aus. Dennoch macht sich IG-Metall-Chef Huber angesichts des Konjunktureinbruchs große Sorgen. Das Wichtigste sei, Entlassungen zu vermeiden.
Zum ersten Mal seit Mitte der neunziger Jahre hat die IG Metall ihren Mitgliederschwund gestoppt. "Das war mein Trauma, jetzt haben wir die Kehrtwende", sagte IG Metall-Chef Berthold Huber gestern bei der Jahreskonferenz in Frankfurt.
Allein bedingt durch Todesfälle schrumpfte die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder leicht um 0,2 Prozent auf mehr als 2,3 Millionen. Ohne die 24 000 verstorbenen Mitglieder gewann die IG Metall 2008 netto fast 16 000 neue
Beitragszahler. Ihre Beitragseinnahmen konnte die Gewerkschaft um 13 Mio. auf 443 Mio. EUR steigern. Auch deshalb sieht Huber die Gewerkschaft deutlich besser auf die Krise vorbereitet als in ähnlichen Zeiten in den neunziger
Jahren.
Für Huber stellt sich die aktuelle Lage in den Unternehmen als äußerst heikel dar. "Die Aufträge sind in fast allen Branchen der Elektro- und Metallindustrie dramatisch eingebrochen. So etwas habe ich noch nie erlebt. " Der Schwerpunkt der Arbeit der Gewerkschaft werde deshalb in diesem Jahr darin liegen, Entlassungen unter allen Umständen zu vermeiden. Mit dem Konjunkturpaket II, den Regelungen zur Kurzarbeit und dem Bürgschaftsrahmen der Bundesregierung gebe es dafür eine gute Basis, sagte Huber. "Der mutigere Schritt wäre aber ein Investitionsprogramm von 100 Mrd. EUR für drei bis vier Jahre gewesen. "
Huber sieht auch wegen der mehr als 1300 betrieblichen Vereinbarungen nach dem Vorbild des Pforzheimer Abkommens eine Chance, Entlassungen zu vermeiden. Auf der Basis dieser mit dem Arbeitgeberverband Gesamtmetall beschlossenen Konzepts, können sich beide Seiten auf Abweichungen vom Tarifvertrag einigen, um das jeweilige Unternehmen wie auch die Arbeitsplätze zu sichern.
Nach den Worten von IG-Metall-Chef Huber sollten sich in diesem Jahr auch kleinere Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten dringend Gedanken über das Instrument Kurzarbeit machen. "In der Krise 1993/94 wurden zu viele Arbeitsplätze abgebaut, im Aufschwung haben dann viele Unternehmen über den Mangel an Facharbeitern geklagt ", begründet er seinen Vorstoß.
Die IG Metall ist finanziell auf die Herausforderungen durch die Krise gut vorbereitet. Von den Beitragseinnahmen in Höhe von 443 Mio. EUR werden wie immer 15 Prozent und damit mehr als 66 Mio. EUR den Rücklagen zugeführt. Über die Höhe dieser Rücklagen schweigt sich Hauptkassierer Bertin Eichler traditionsgemäß aus, um keinen Rückschluss auf die Streikkasse zuzulassen.
Fakt allerdings ist, dass die Finanzkrise nicht an den Rücklagen der IG Metall gezehrt hat. "Wir verfolgen eine vorsichtige, sehr konservative Anlagepolitik. Schon Anfang 2008 haben wir unsere Aktienquote drastisch zurückgefahren. Aktuell stecken nur etwa ein Prozent unseres Geldes in Aktien ", sagt Eichler. Dadurch habe man das vergangene Jahr eine Rendite von fast 5 Prozent erreicht. "Wir haben eine Situation, für die uns so mancher Manager in den Frankfurter Bürotürmen heute beneidet. "
südwest presse, 17.01.2009
Letzte Änderung: 18.01.2009