Gekündigt wegen 1,30 Euro - zu Recht?

Vorschaubild

24.02.2009 Mehr als 30 Jahre hatte sie als Kassiererin gearbeitet, dann wurde Barbara E. wegen 1,30 Euro gekündigt, die sie unterschlagen haben sollte.

Sie zog vor Gericht und unterlag, zog erneut vor Gericht und unterlag heute wieder. Doch sie will nicht aufgeben.

Schon zum zweiten Mal unterlag die Supermarktkassiererin vor Gericht gegen ihren früheren Arbeitgeber. Das Unternehmen hatte der heute 50-jährigen Barbara E. nach 30-jähriger Tätigkeit als Kassiererin fristlos gekündigt.

Der Grund: Zwei Pfandbons für Leergut waren zehn Tage lang im Kassenbüro des Supermarktes aufgehoben worden. Man wartete auf den Kunden, der die Bons verloren oder vergessen hatte. Doch plötzlich waren die Pfandbons im Wert von 48 und 82 Cent an der Kasse eingelöst worden, allerdings nicht von einem Kunden, sondern von Barbara E.

"Es geht um Vertrauen"

Das Landesarbeitsgericht sagte es nun ganz deutlich: Die Richter seien sich sicher, dass die Kassiererin die Bons unrechtmäßig eingelöst habe. Die Supermarktkette hatte die Kassiererin nach dem Vorfall fristlos entlassen. Die Anwältin des Unternehmens, Karin Schindler Abbes, erklärte: "Es geht nicht um 1,30 Euro, es geht um Vertrauen. Das ist eine Kassierein gewesen. Eine Kassierein muss absolut vertrauenswürdig sein, 100 Prozent ehrlich. Wer als Kassierein durch sein Verhalten dieses Vertrauen des Arbeitgebers verspielt, der muss damit rechnen, dass er seinen Arbeitsplatz verliert."

Zeugen sagten gegen Barbara E. aus

Die sogenannte "Verdachtskündigung" stehe absolut im Einklang mit dem Gesetz, so die Vorsitzende Richterin heute. Der Einzelhandelskonzern habe nicht einfach auf einen bloßen Verdacht hin gekündigt, sondern er habe im Falle von Barbara E. objektive Tatsachen ermitteln müssen, ehe der Kassiererin gekündigt werden durfte. Sowohl drei Zeugen, als auch das Kassenjournal und ihre Aussagen selbst hätten das Gericht davon überzeugt, dass ihr der Arbeitgeber zu Recht fristlos gekündigt habe, auch wenn es lediglich um einen Schaden von 1,30 Euro gegangen sei.

Arbeitnehmer müssen Reue zeigen

Der Pressesprecher des Landesarbeitsgerichts Berlin, Gerhared Binkert, erklärt dazu: "Diese Fälle von Straftaten von geringen Wert werden oft in der Interessenabwägung, also in einer Einzelabwägung, zugunsten der Arbeitnehmer entschieden. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Arbeitnehmer nach der Tat in der Befragung durch den Arbeitgeber kooperationswillig zeigen, dass sie Reue zeigen, aber nicht, dass sie vertuschen oder gar andere Kolleginnen, so wie es hier der Fall war, mit einbeziehen."

Lag es am gewerkschaftlichen Engagement?

Die 50-jährige Kassiererin und ein Solidaritätskomitee hatten immer wieder behauptet, dass Barbara E. wegen ihres gewerkschaftlichen Engagements gekündigt worden sei. Der Zusammenhang der Kündigung mit irgendwelchen Streikaktionen sei überhaupt nicht erkennbar, hieß es im Urteil. Barbara E. mochte sich nicht äußern nach dem Richterspruch. Sie will mit der Klage gegen ihre fristlose Entlassung bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.
tagesschau,24.02.2009

Letzte Änderung: 24.02.2009