Marianne Kugler-Wendt, Geschäftsführerin von Verdi in Heilbronn, wird fast übel, wenn sie die großformatigen Anzeigen diverser Discounter vor dem Internationalen Frauentag am 8. März studiert. "Es ist bedauerlich, dass der Handel ohne Skrupel auf dieses Thema aufgesprungen ist ", sagt die kämpferische Gewerkschafterin. Denn in den Läden wird keineswegs für die Gleichstellung von Mann und Frau geworben, in den Regalen stehen stattdessen speziell hergestellte Geschenke, die als Verhöhnung der Ziele des Weltfrauentags empfunden werden.

"Nur diese Woche zum Weltfrauentag " gewährt ein Kaufhaus in Heilbronn 20 Prozent Rabatt "auf alle Pralinen-Schachteln ". Netto bietet in seinen Filialen zum "Aktionspreis " für 4,99 Euro ein Geschenkset an, bestehend aus Shower Gel und Body Lotion, erhältlich in den Varianten "Special Moments " und "Fresh Dreams ". Daneben wird für einen "Floristen-Strauß " in "versch. Ausführungen " geworben. Plus verkauft genau das gleiche Gebinde zu 4,99 Euro unter dem Motto "Nur das Beste für die bessere Hälfte ".

Kugler-Wendt sieht solche Angebote als "Schlag ins Gesicht " all derer, die sich für ein Ende der Benachteiligung von Frauen einsetzen. "So massiv wie jetzt war es noch nie ", beobachtete sie. "Ich kritisiere das scharf, weil es dem Engagement der Frauen nicht angemessen ist. " Für die Verdi-Aktivistin wäre es "besonders makaber ", wenn diese eigens für den Weltfrauentag hergestellten Geschenke von Arbeiterinnen produziert worden wären, die schlecht bezahlt würden und unter schlechten Bedingungen litten.

Beim Empfang am Sonntag im Heilbronner Rathaus wird sich die Gewerkschafterin fragen: "Ist der Frauentag der Muttertag für die Frauen, die keine kleinen Kinder mehr haben? " Oder ist dieser erstmals 1911 in Deutschland begangene Kampftag gar herabgesunken zum "Valentinstag der nicht mehr frisch Verliebten? "

Möglicherweise wird auch der "Tag der Arbeit " am 1. Mai bald mit Sonderangeboten kommerziell ausgeschlachtet - Werkzeugkiste zum halben Preis, Schutzbrille gratis zum Helm, Baggerfahren für Bürohengste. Man darf gespannt sein.

südwest presse,06.03.2009