Krise erreicht Lehrstellen

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19.03.2009 Industrie und Handel reduzieren Ausbildungsangebot um 5 bis 10 Prozent

Die Wirtschaftskrise schlägt auch auf den Ausbildungsmarkt durch: Industrie und Handel dürften in diesem Jahr 5 bis 10 Prozent weniger Lehrstellen anbieten als 2008. Besonders betroffen ist der Südwesten.
Auf in den Osten - so könnte für manchen Jugendlichen aus Baden-Württemberg und Bayern, der in diesem Jahr eine Lehrstelle sucht, die Devise lauten. Denn im Süden droht das Angebot an Ausbildungsplätzen besonders stark abzunehmen, befürchtet der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben.

Er begründete dies mit der Exportorientierung der Betriebe in diesen Bundesländern: Im Süden ist die Domäne der Maschinenbauer und Autozulieferer. Sie kämpfen derzeit mit großen Einbrüchen bei der Ausfuhr. Das schlägt auch auf ihr Angebot an Lehrstellen durch - mehr als in anderen Regionen.

In Ostdeutschland sieht es günstiger aus: Dort konnten in den letzten beiden Jahren 30 Prozent der Unternehmen Ausbildungsplätze nicht besetzen, so viel wie nirgendwo sonst in Deutschland. Der Wegzug gerade der Jüngeren in den Westen schlägt voll durch. Wansleben veranschaulichte das mit einer Zahl: In Dresden gibt es derzeit in Metall- und Elektroberufen 103 offene Lehrstellen, in Heidenheim nur 10.

Jeder ausbildungsfähige Jugendliche soll eine Lehrstelle bekommen - die Wirtschaft hat zu kämpfen, dieses Versprechen in diesem Jahr einzulösen. Denn mehr als jeder vierte Betrieb will sein Angebot an Ausbildungsplätzen verringern, ergab eine Umfrage des DIHK unter 13 800 Industrie- und Handelsbetrieben. 14 Prozent wollen es steigern, knapp 60 Prozent konstant halten. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen sei das Angebot "nicht im freien Fall ".

In Baden-Württemberg sieht es ähnlich aus: Hier wollen 15 Prozent ihr Angebot aufstocken und 25 Prozent reduzieren. Insbesondere bei den Großunternehmen ist die Lage nach Angaben des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages stabil. Die Rekordbilanz von 49 700 neuen Lehrverträgen im letzten Jahr dürfte nicht wieder zu erreichen sein.

"Tut, was möglich ist ", appellierte Wansleben an die Unternehmen. Bundesweit rechnet er in diesem Jahr mit einem Rückgang des Angebots von Industrie und Handel um 5 bis 10 Prozent. Dies hängt stark von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab. Dabei zeigt die Erfahrung: Je kleiner der Betrieb, desto später schließt er Lehrverträge ab. Die Großbetriebe haben sie schon seit vergangenem Herbst unter Dach und Fach. Kleinbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten entscheiden sich häufig erst zwischen Mai und Juli.

Handwerk und Freiberufler rechnen nicht mit ganz so großen Einbrüchen. Sie hatten die Ausbildung aber in den vergangenen Jahren auch nicht so stark gesteigert wie Industrie und Handel. Unterm Strich sieht der DIHK-Präsident daher die Chance, dass wieder alle ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Angebot bekommen.

Denn die Zahl der Bewerber dürfte demografiebedingt um mindestens 5 Prozent oder 30 000 zurückgehen. Zudem gab es zu Ende des Ausbildungsjahrs 2008 rund 30 000 mehr Angebote als unversorgte Bewerber. Dennoch müssen die Kammern in den nächsten Wochen noch kräftig trommeln. "Wer flexibel und mobil ist, hat die besten Chancen ", ermahnte Wansleben die Jugendlichen.

Trotz der Krise nennen fast drei Viertel der Betriebe die Sicherung des Fachkräftebedarfs als Hauptgrund für ihr Lehrstellenangebot. Obwohl Banken und Versicherungen am meisten gebeutelt sind, reduzieren sie ihre Ausbildungsplätze am wenigsten. Im Verkehr, Baugewerbe und Handel sieht es deutlich düsterer aus.

südwest presse,19.03.2009

Letzte Änderung: 19.03.2009