Hugo Boss spürt die Flaute

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27.03.2009 Modekonzern verzeichnet aber im operativen Geschäft ein gutes Ergebnis

Das steile Wachstum hat 2008 bei Hugo Boss einen Knick bekommen. Mit einer gestrafften Organisation und dem Abbau von 150 Stellen erreichte der Modekonzern aber gute Ergebnisse im operativen Geschäft.
In den Krisen der Vergangenheit behauptete sich das so genannte Premiumsegment meist ohne Blessuren. Luxus geht immer - auch dieses alte Credo des Handels hat die aktuelle Krise ins Wanken gebracht. Noch bis Mitte vergangenen Jahres, als Claus-Dietrich Lahrs bei Hugo Boss in Metzingen seinen Chefposten antrat, lag der weltbekannte Modemacher aus Metzingen auf einem Wachstumstrend, der ihm in den vergangenen Jahren meist ein zweistelliges Plus bescherte. Auch 2008 hat Boss noch zugelegt, um 3 Prozent, wechselkursbereinigt sogar um 6 Prozent.

Jetzt aber, da alle Branchen und alle Weltregionen gleichzeitig vom Abschwung betroffen sind, "können auch wir uns nicht davon abkoppeln ", sagte Lahrs gestern bei der Vorlage der Bilanz für 2008. Für sich will der neue Boss bei Boss in Anspruch nehmen, auf die sich abzeichnenden Probleme rechtzeitig reagiert zu haben. Dazu zählte eine neue innere Organisation, aber auch - wie berichtet - der Abbau von 150 Arbeitsplätzen. Angesichts dessen, dass im Jahr zuvor aber mehr als 400 neue Stellen geschaffen wurden, versuchte Lahrs dies zu relativieren. Ein weiterer Stellenabbau sei nach jetzigem Stand des Geschäfts nicht vorgesehen.

Auch wenn der Gewinn um 27 Prozent wegen Sonderbelastungen - dazu zählen Restrukturierung und Abfindungen für Ex-Vorstände - rückläufig war: operativ, also beim Ergebnis mit dem Verkauf der hochwertigen Herren- und Damenmode, hat Boss gut abgeschnitten. Norbert Unterharnscheidt, der neue Finanzchef - ein neuer Produktions- und Logistikchef wird demnächst berufen - sprach gar vom besten Jahr. Einen Ausblick für 2009 wagte er nicht. Hugo Boss werde vermutlich weniger Umsatz machen, aber dennoch Marktanteile hinzugewinnen. Die verbesserte Kostenstruktur sollte sich auch wieder positiv auf den Gewinn auswirken.

Der Modekonzern, der weltweit bei der adressierten Klientel einen Bekanntheitsgrad von annähernd 100 Prozent hat, will einerseits die Trends fortsetzen, die Lahrs-Vorgänger Bruno Sälzer, der jetzt Chef bei Escada in München ist, eingeschlagen hat: noch stärkere Internationalisierung, verstärkter Verkauf über eigene Läden. Andererseits sollen die verschiedenen Marken noch genauer untereinander abgegrenzt und profiliert werden.

Im vergangenen Jahr hat Boss 53 neue eigene Geschäfte eröffnet und 10 geschlossen. 330 Mal ist Boss jetzt weltweit in eigenen Geschäften präsent, mehr als 1000 Mal in Boss-Franchiseläden. Zusammen mit den Outlet-Centern, die ebenfalls ausgebaut werden sollen, macht der Konzern mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit exclusiver Markenpräsentation.

So bekannt Boss weltweit auch ist, so machen Deutschland (22 Prozent) und Resteuropa (47 Prozent) immer noch den Löwenanteil des Geschäfts aus. Asien (12 Prozent) und Amerika (19 Prozent) bringen es zusammen auf gut 30 Prozent. Lahrs strebt mittelfristig an, dass dieser Anteil auf 50 Prozent steigt und Boss dann jeweils die Hälfte in Europa beziehungsweise Asien/USA verkauft.

Das Potenzial für weiteres Wachstum ist im aufstrebenden Riesenland China noch gewaltig: Im vergangenen Jahr verkaufte das Unternehmen dort seine Herrenanzüge und Damenmode für zusammen lediglich 52 Mio. EUR - weniger als im Metzinger Outletcenter. Und das, obwohl die Asiaten rund 20 Prozent mehr für einen Boss-Anzug bezahlen als die Deutschen. Nirgendwo auf der Welt werde so auf den Preis geschaut wie bei uns, sagte Lahrs.

Boss bekennt sich zum Standort Metzingen, der neue Chef lobte die Mitarbeiter dort überschwänglich. Hier in Metzingen hat der Modekonzern auch zuletzt viele Millionen in ein neues Hängeware-Lager investiert, überhaupt erreichten die Investitionen 2008 ein Rekordniveau. Der Bau eines Liegeware-Lagers, der in Metzingen per Bürgerentscheid abgelehnt und auch in Nürtingen auf Widerstand stieß, bleibt vorerst auf Eis gelegt. Mehr ließ sich Lahrs dazu nicht entlocken.

südwest presse,27.03.2009

Letzte Änderung: 27.03.2009