Kaum Frauen auf Chefsessel

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02.04.2009 Von Chancengleichheit bei Führungspositionen gibt es noch keine Spur

Im Wettlauf um Führungspositionen haben Frauen in den vergangenen Jahren kaum aufgeholt. Programme für mehr Familienfreundlichkeit von Unternehmen sind offenbar weitgehend wirkungslos geblieben.
Schlechte Karriereaussichten und deutlich geringere Bezahlung - bei den Berufschancen von Frauen hat sich seit 2001 kaum etwas getan. In den Topetagen der Großunternehmen sind die Männer immer noch unter sich. Es gibt höchstens positive Ansätze, aber keine Trendwende, klagt Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Acht Jahre ist es her, dass die Spitzen der Wirtschaftsverbände mit der Bundesregierung eine Vereinbarung "zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft " abgeschlossen haben. Nur mit diesem freiwilligen Schritt konnten sie verhindern, dass die rot-grüne Bundesregierung 2001 Frauenquoten per Gesetz vorschrieb. Doch der Erfolg ist bescheiden, zeigt eine Studie, die das DIW im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchführte.

Der Frauenanteil unter den knapp 4 Mio. Fach- und Führungskräften in der Privatwirtschaft liegt ziemlich unverändert bei knapp 30 Prozent. Zudem sitzen an den Schalthebeln der Konzerne fast ausschließlich Männer: Nicht einmal 2 Prozent der Vorstandsmitglieder der 200 größten Industrieunternehmen sowie von Banken und Versicherungen sind Frauen. Etwas besser sieht es in den Aufsichtsräten aus, aber hauptsächlich weil die Gewerkschaften mehr weibliche Vertreter schicken. Im Mittelstand haben Frauen mehr Chancen.

Auch beim Einkommen hat sich nicht viel getan: 2006 verdienten Frauen 23 Prozent weniger als Männer. In Führungspositionen sieht das nicht besser aus - unter anderem weil "Frauenberufe " immer noch deutlich schlechter bezahlt werden. Auch arbeiten Frauen besonders häufig in kleineren Betrieben, und sie schneiden auch bei Gewinnbeteiligung, Prämien oder Dienstwagen schlechter ab.

Karriererisiko Nummer Eins sind immer noch Kinder, zeigte die DIW-Analyse von Führungskarrieren: Zwischen 25 und 35 laufen Frauen deutlich stärker Gefahr als Männer, aus einer Führungsposition auszuscheiden. Ist dann einmal der Faden gerissen, schaffen es viele nicht mehr, wieder anzuknüpfen: Die Männer haben die Posten schon besetzt. Machen Frauen dennoch Karriere, so müssen sie dafür viel häufiger ihren Arbeitgeber wechseln. Männer haben eine deutlich längere Firmenzugehörigkeit.

Haben Frauen eine Führungsposition erreicht, arbeiten sie im Schnitt 45 Stunden pro Woche, kaum weniger als Männer. Für die Familie bleibt dann wenig Zeit. Kein Wunder, dass Frauen in Führungspositionen vergleichsweise seltener verheiratet sind und häufiger keine Kinder haben als Männer. Dabei gibt es allerdings eine Ausnahme: In Ostdeutschland hat nur jede fünfte Top-Frau keine Kinder - weil sie im Schnitt schon mit 24 Nachwuchs bekam, also vor der Karriere.

Für Männer ist die Ehe gut für die Karriere. Frauen dagegen tun sich schwer mit dem Einstieg in eine Führungsposition, wenn auch ihr Mann einen Topjob hat.

Als Konsequenz fordert Holst nicht nur mehr Transparenz bei der Entlohnung und Besetzung von Führungsposten. Sie plädiert auch für einen verbindlichen Fahrplan für mehr Chancengleichheit für Frauen. Gesetzlich vorgeschriebene Frauenquoten hält sie aber nur für das letzte Mittel, schon weil es schwierig wäre, sie durchzusetzen.

südwest presse,02.04.2009

Letzte Änderung: 02.04.2009