Drei Weckle kosten den Job

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25.07.2009 Künzelsauer Krankenhaus kündigt Küchenhilfe wegen Vertrauensschadens

Wegen drei Brötchen im Spind hat eine Küchenhilfe nach über 20 Jahren den Job in einem Krankenhaus verloren. Die Klinik sah darin einen Diebstahl, durch den ein Vertrauensschaden entstanden sei.
"Meine Unschuld ist mir wichtiger als Geld ", betonte die aus Bosnien-Herzegowina stammende 59-Jährige, die ihre Kollegen "Maria " nennen. Vor dem Arbeitsgericht Heilbronn klagte sie gegen ihre Entlassung. Ein Krankenhaus im hohenlohischen Künzelsau wollte die Küchenhilfe nicht länger beschäftigen, nachdem sie drei Brötchen an sich genommen hatte. Dass die Frau sich seit 1. Dezember 1988 sonst nichts hatte zuschulden kommen lassen, spielte bei der Entscheidung keine Rolle. Eine Ermahnung hatte es nicht gegeben.

"Maria " hatte behauptet, die Brötchen habe der Bäckereifahrer dem Personal am Fastnachtsdienstag geschenkt. Weil beim gemeinsamen Frühstück nicht alle gegessen worden seien, habe sie drei Stück "für später " in den Spind gesteckt. Doch vor dem Arbeitsgericht wollte diese Angaben gestern keine der als Entlastungszeuginnen geladenen Kolleginnen bestätigen. Auch der Fahrer widersprach geschenkter Ware. "Ich setzte doch meinen Job nicht aufs Spiel ", sagte der 57-Jährige, es werde abgegeben, was bestellt sei und auf dem Lieferschein stehe. Allenfalls für schlecht geratene Brötchen werde dieselbe Anzahl als Ersatz gegeben.

An jenem närrischen Dienstag waren für einen später eintreffenden Patienten noch Brötchen benötigt worden. Weil keine mehr gefunden worden seien, obwohl noch einige hätten vorrätig sein müssen, seien alle Mitarbeiter in der Küche mehrfach, aber vergeblich danach gefragt worden, berichtete Personalchef Willi Kopp. Um den Schwund zu erklären, "ist sogar im Abfall gesucht worden. " Bei der Durchsuchung aller Spinde tauchte der Dreierpack in "Marias " Schrank auf.

Festgeschriebene Regeln gibt es in dem Hohenloher Krankenhaus offenbar nicht. "Das Personal kann essen und trinken, was es will, aber mitgenommen wird nichts ", sagte Kopp der SÜDWEST PRESSE.

Arbeitsrichterin Anja Berkner wies darauf hin, dass der Verzehr "kein Verschulden sei ". Wenn die Brötchen jedoch in den Spind gelegt würden, "dann schon ".

Dass der Wert der "Beute " weniger als einen Euro ausmachte, blieb von der Klinikleitung unberücksichtigt. "Wir kündigten nicht wegen des Sachschadens, sondern es ist ein Vertrauensschaden entstanden ", hob Personalchef Kopp hervor. An einen vergleichbaren Vorfall könne er sich nicht erinnern, seit er vor fünf Jahren seine Stelle angetreten habe. Das Krankenhaus hatte "Maria " eine außerordentliche Kündigung mit einer "sozialen Auslauffrist " zum 30. September angeboten. Bis zu diesem Datum wäre ihr Lohn von monatlich rund 2000 Euro bezahlt worden.

Nach langem Zögern stimmte die Klägerin dem Vergleich zu, zumal sie ein gutes, "unauffälliges " Zeugnis erhalten soll und der Vorwurf des Diebstahls nicht mehr erhoben wird. Die Köchin hatte darauf zunächst nicht eingehen wollen. "Ich will die Wahrheit, sonst werde ich krank ", sagte sie vor Gericht. Dabei schimpfte sie über ihre Kolleginnen, die "alle gegen mich " seien. Eine Zeugin habe sie "gehasst jeden Tag ". Sie habe ihre Unschuld nicht beweisen können, belehrte sie die Richterin.

Bei unbeteiligten Beobachtern entstand der Eindruck, dass die Köchin keine Chance auf Rücknahme der Kündigung hatte. "Da wird gelogen, weil jeder Angst um seinen Arbeitsplatz hat ", meinte ein Rentner. Ein anderer Ruheständler pflichtete ihm bei: "Man will jemand loshaben. " Ein dritter wunderte sich grundsätzlich über das Verfahren: "Da bekommt einer eine Abfindung von 50 Millionen Euro und wir verhandeln hier wegen drei Brötchen. "

Text: HANS GEORG FRANK
südwest presse,25.07.2009

Letzte Änderung: 25.07.2009