Keine Massenentlassungen

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20.11.2009 Trotz der Wirtschaftskrise steht in der heimischen Industrie keine Entlassungswelle bevor.

Diese Prognose stellt das Forschungsinstitut des DGB auf Basis einer Umfrage unter Betriebsräten.

Trotz der anhaltenden Konjunkturflaute rechnen die Betriebsräte in Deutschland auch in den kommenden Monaten nicht mit Massenentlassungen. Doch dürfte der Stellenabbau weitergehen. Das geht aus einer repräsentativen Betriebsrätebefragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaflichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.

Vor allem zwei Instrumente haben demnach den deutschen Arbeitsmarkt vor dramatischen Einbrüchen wie in anderen Ländern bewahrt: die flexible Nutzung von Zeitarbeitskonten und die Verlängerung des Kurzarbeitergelds. Allerdings konnte auch der Einsatz dieser Mittel einen Stellenabbau nicht völlig verhindern.

Am härtesten traf die Krise den Betriebsräten zufolge die Leiharbeiter, die meist als erste gehen mussten. Doch in fast 30 Prozent der Betriebe wurde auch die Stammbelegschaft verkleinert. Die Firmen verlängerten befristete Verträge nicht, boten Abfindungen an, verhängten einen Einstellungsstopp oder übernahmen Auszubildende nicht. In rund 14 Prozent der Betriebe kam es der Umfrage zufolge auch zu betriebsbedingten Kündigungen.

Für das kommende Jahr sehen die Wissenschaftler des WSI allerdings Probleme auf die Unternehmen zukommen. Die Arbeitzeitkonten seien inzwischen fast ausgereizt und die Sonderkonditionen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes liefen zum Jahresende aus. Damit drohten zeitgleich die beiden wichtigsten Instrumente zur Beschäftigungssicherung auszufallen. Die Experten plädierten deshalb dafür, die Kurzarbeiterregelung zu verlängern.

Für die Studie wurden mehr als 2300 Betriebsräte befragt. Die Ergebnisse sind laut WSI repräsentativ für Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten und Betriebsrat. In diesen Firmen sind rund 12 Mio. Menschen beschäftigt.

Derweil korrigiert die OECD ihre Wachstumsprognose für Deutschland deutlich nach oben. Dank des Exports geht es mit der deutschen Wirtschaft im kommenden Jahr wieder bergauf. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet für 2010 ein Wachstum von 1,6 Prozent. Sie liegt damit auf gleicher Höhe wie die Wirtschaftsweisen und über der Prognose der Bundesregierung von 1,2 Prozent. Im Juni war die OECD noch von 0,2 Prozent ausgegangen.

Ihr Deutschlandexperte Felix Hüfner sagte über die Wirtschaftskrise: "Das Schlimmste ist hinter uns." Starker Welthandel, stabile Finanzmärkte, Abwrackprämie, öffentliche Investitionen und das Wiederauffüllen der Lager hätten dafür gesorgt, dass die Prognose deutlich angehoben werden konnte. Für Deutschland werde ein "klassischer exportgetriebener Aufschwung" erwartet.

Allerdings geht auch die OECD von einem deutlichen Anstieg der Zahl der Arbeitslosen von derzeit 3,4 Millionen aus. Ökonomin Isabell Koske sagte, die Arbeitslosigkeit werde voraussichtlich von 4 Millionen 2010 auf 4,3 Millionen im Jahr 2011 steigen. Dabei dämpfe die Kurzarbeit die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, behindere aber auch den Strukturwandel.

"Klar ein Abwärtsrisiko für Deutschland" ist nach den Worten des OECD-Deutschlandexperten Andreas Wörgötter aber weiter eine drohende Kreditklemme. Unsicherheit gehe außerdem vom Welthandel aus, auch wenn für 2010 ein Wachstum von 6 Prozent erwartet werde. Noch immer unsicher sei darüber hinaus die generelle Entwicklung auf den Finanzmärkten.

Für 2011 erwartet die OECD in Deutschland einen Anstieg der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent. Aber die Lage der öffentlichen Haushalte soll sich deutlich verschlechtern. Koske sagte, für 2010 rechnet man mit einem Defizit von 5,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Auch 2011 werde man mit einem Defizit von 4,6 Prozent die Grenzen des Euro-Stabilitätspaktes von 3 Prozent deutlich überschreiten.

Deshalb verlangt die OECD von Deutschland eine Haushaltskonsolidierung von 2011 an. Dazu seien Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen nötig. Würden die von der Koalition angekündigten Pläne zur Senkung der Einkommensteuer umgesetzt, werde dies "die Notwendigkeit für Konsolidierungsmaßnahmen deutlich erhöhen", warnt die Pariser Organisation auch im Blick auf die inzwischen im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse, die vom Jahr 2016 an greift. AP/ddp

südwest presse,20.11.2009

Letzte Änderung: 20.11.2009