GEW - "Überforderte Ämter"

Vorschaubild

16.03.2010 Gewerkschaft GEW kritisiert Einschulungsuntersuchungen

Die Gewerkschaft GEW ist mit den neuen Einschulungsuntersuchungen nicht zufrieden. Die Quote der erreichten Kinder - 65 Prozent - sei zu niedrig. Die GEW fordert auch mehr Sprachförderung in den Kindergärten.

Ein Jahr nach Beginn der Einschulungsuntersuchung in den Kindergärten zieht die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine negative Bilanz. "Die Gesundheitsämter waren in der Anlaufphase personell überfordert und erreichten jede vierte Einrichtung nicht", sagte Landeschefin Doro Moritz in Stuttgart. Nach Angaben des Gesundheitsministerium wurden im vergangenen Jahr sogar nur 65 Prozent aller Kinder erreicht, die zum Jahr 2010/2011 eingeschult werden. In diesem Jahr sollen aber alle Vierjährigen in den 8000 Kidnergärten untersucht werden, kündigte Ministerin Monika Stolz (CDU) an

GEW-Chefin Moritz moniert überdies, die Sprachförderung im Anschluss an die Untersuchung komme wegen der Mindestgruppengröße von sechs Kindern oft nicht zustande. Nach Angaben der Landesstiftung, die das Projekt "Sag mal was" mitfinanziert, gibt es aber auch Härtefallregelungen, so dass schon Gruppen ab drei Kindern gebildet werden können. Das Herauslösen der Kinder aus der Gruppe zur Sprachförderung durch externe Betreuer stempelt die Kleinen nach Moritzens Auffassung zu Außenseitern. Aus GEW-Sicht sollten sich die Erzieherinnen im Kindergarten um die Sprachförderung kümmern. Dafür seien kleinere Gruppen und mehr Personal nötig.

Moritz unterstrich: "Die Entwicklungspsychologie lehrt uns, dass Kinder Sprache am besten erwerben, wenn es quasi nebenbei geschieht, nicht in eigens dafür eingerichteten Zeiten und Räumen. Dem Kind wird sonst bewusst, ich bin etwas Besonderes." Dies führe oft zu Rückzug und Desinteresse. Zwei Studien der Pädagogischen Hochschulen Weingarten und Heidelberg belegten, dass Kinder mit Förderbedarf im normalen Kindergartenbetrieb genauso viel gelernt haben wie Kinder im Förderprogramm. Gut geschulte Erzieherinnen könnten besser als Fachleute einschätzen, welche Kinder Förderbedarf haben, sagte Moritz. "Da braucht man keine aufwendige Untersuchung." Umso wichtiger seien gute Rahmenbedingungen im Kindergarten.

Als verbindliche Größe für eine Kindergartengruppe nannte Moritz 16 Kinder. Insbesondere auf dem Land gebe es aber noch Gruppen von bis zu 25 Kindern. Der Personalschlüssel müsse auf eine Fachkraft für sechs bis acht Kinder gesenkt werden. Im Südwesten liegt der Schlüssel derzeit bei einer Fachkraft auf neun Kinder.

Zudem müssten eine bessere Ausbildung der Erzieherinnen und Bezahlung den Beruf attraktiver machen. So soll die akademische Bildung ausgebaut werden, etwa durch Studiengänge wie Kindheitspädagogik und frühe Bildung an den Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen. Die Tendenz zum Aussortieren in der Bildung schade den Kindern, kritisierte Moritz auch mit Blick auf die Hochbegabtengymnasien und -züge. "Man hat für alle ein Schublade. Irgendwann ist die Gruppe der ,normalen Kinder verschwindend gering." Sie fügte hinzu: "Die Schule muss kinderfähig gemacht werden, nicht die Kinder schulfähig." Auch die Eltern würden in die Förderung zu wenig einbezogen.

Sprachförderung sei längst Alltag in den Kindergärten, sagte dagegen ein Sprecher des Kultusministeriums, das Entwicklungsfeld Sprache sei Kernelement des Orientierungsplans. Zum Umsetzen des Plans werde der Personalschlüssel bis 2012 verbessert. Das wurde mit den kommunalen Landesverbänden vereinbart. Dafür werden 200 Millionen Euro bereitgestellt, das Land trägt zwei Drittel. Um die Sprachförderung weiter zu verbessern, sei das Ministerium mit Wissenschaftlern sowie den kommunalen Landesverbänden im Gespräch. Ziel sei ein Fortbildungsangebot für Sprachförderkräfte, das auch Fachberatungen einbezieht. lsw/eb

südwest presse,16.03.2010

Letzte Änderung: 16.03.2010