Bosch-Werk Reutlingen

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18.03.2010 Im neuen Bosch-Werk in Reutlingen entstehen elektronische Bauelemente für Auto- und Konsumgüterindustrie.

Herstellung erfolgt in sehr reiner Luft und frei von Erschütterungen

Im Endausbau, der bis 2016 erfolgen soll, werden täglich bis zu einer Million Chips gefertigt.

Ausgangsmaterial für die Chips sind dünne Siliziumscheiben, so genannte Wafer, mit 200 Millimeter Durchmesser. Es dauert bis zu sechs Wochen, bis ein Wafer den Herstellungsprozess durchlaufen hat.

Die Herstellung erfolgt unter Reinraumbedingungen, weil auf den Wafern sehr feine Strukturen angeordnet werden. Die Reinraumklasse 1, wie sie Bosch durch Luftfilter in Reutlingen erreicht, ist "vergleichbar mit einer maximalen Verunreinigung in Kirschkerngröße auf das Volumen im Bodensee".

Erschütterungen aus der Außenwelt wie zum Beispiel durch den Straßenverkehr würden dem Produktionsprozess schaden. Deshalb ist die Außenhülle des Fertigungsgebäudes vom Kern der Anlage baulich getrennt errichtet worden. Die Mikrochip-Fertigung ist also ein Gebäude im Gebäude mit besonders massiven und somit sehr steifen Fundamenten und Zwischendecken. ker

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Helfer für Auto und Handy
In Reutlingen fertigt Bosch elektronische Bauelemente

Ein Handy erkennt anhand seiner Lage, ob es klingeln darf oder stumm bleiben muss. Ein Auto wandelt Bremsenergie in Strom um. In beiden Fällen sind Halbleiter am Werk, wie sie Bosch in Reutlingen baut.
K.Emler

Einblicke in die neue Bosch-Halbleiterfertigung in Reutlingen: Links nehmen Mitarbeiter die optische Prüfung der so genannten Wafer vor, rechts programmiert ein Kollege eine Fertigungsanlage zur Reinigung der Wafer mit Lösemittel. Werkfotos Reutlingen Die Zahl der Chipfabriken in Deutschland und Europa sinkt seit Jahren. Doch die Stuttgarter Bosch-Gruppe ficht das nicht an. Sie investiert - wie berichtet - bis 2016 insgesamt 600 Mio. EUR am Standort Reutlingen, um ihre dortige Halbleiterfertigung auszubauen. Der erste große Abschnitt ist geschafft und wird heute im Beisein des Bundespräsidenten Horst Köhler eingeweiht. Christoph Kübel, der Chef der Bosch-Sparte Auto-Elektronik, sieht in der Investition "die Basis für die nachhaltige Absicherung unserer Zukunft" in dieser Technologie.

Denn für Bosch, den weltgrößten Autozulieferer, ist es eine ausgemachte Sache, dass die Fahrzeugentwicklung immer mehr auf Strom setzen wird. Deshalb wird die Nachfrage nach entsprechenden Steuerungselementen steigen, sagt Kübel. Diesen Trend sieht er auch für die Photovoltaik, in der sich die Gruppe immer mehr engagiert.

Bosch fertigt in Reutlingen schon seit 1971 Halbleiter. 1995 wurde dort zudem mit der Produktion so genannter MEMS-Sensoren begonnen. MEMS steht für Micro Electro Mechanical Systems. Von ihnen hat Bosch bis heute über eine Milliarde gebaut, berichtet Kübel. Diese Sensoren messen physikalische Größen wie Druck, Beschleunigung, Drehrate, Durchflussmenge oder Gaszusammensetzung. Kübel bezeichnet diese Chips als "elektronische Sinnesorgane" für Fahrzeuge.

Herstellung erfolgt in sehr reiner Luft und frei von Erschütterungen
Anwendungsbeispiele für MEMS gibt es zuhauf: Die Sensoren helfen als Teil des Elektronischen Stabilisierungssystems ESP dem Auto dabei, sich zu fangen, wenn es ins Schleudern geraten ist. ESP erkennt Kursabweichungen und drosselt die Motorkraft, um das Auto in die Spur zu bringen. Notfalls bremst es ab. Kommt es zum Unfall, lösen MEMS-Sensoren den Airbag aus.

Aber auch in Konsumgütern stecken solche Minigehirne. Sensoren können im Handy dessen Lage messen. Liegt es zum Beispiel mit dem Display nach unten auf dem Tisch, schaltet es den Klingelton aus. Praktisch für alle, die viel in Konferenzen sitzen. MEMS reagieren auch, wenn zum Beispiel ein Laptop runterfällt. Die Sensoren schützen die Festplatte dann vor Datenverlust.

Bosch entwickelt mit seinen rund 1200 Forschern in Reutlingen aber auch Bauelemente der Leistungselektronik. Dazu zählt der Inverter in Hybridfahrzeugen, der das Energiemanagement zwischen Batterie, elektrischer Maschine und Verbrennungsmotor übernimmt. Der Inverter wandelt unter anderem die Energie, die beim Bremsen entsteht, wieder in Strom um und lädt damit die Batterie.

In mehr als 60 Ländern aktiv

Die Bosch-Gruppe hat mit Kraftfahrzeug- und Industrietechnik sowie Gebrauchsgütern und Gebäudetechnik im Jahr 2009 nach vorläufigen Zahlen mit weltweit rund 270 000 Mitarbeitern rund 38 Milliarden Euro umgesetzt. Die Gruppe umfasst die Robert Bosch GmbH und ihre mehr als 300 Tochter- und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern. Pro Jahr gibt Bosch mehr als 3,5 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus. ker

südwest presse,18.03.2010

Letzte Änderung: 18.03.2010