ZF lässt Krise hinter sich

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15.04.2010 Autozulieferer wächst nach "dramatischem Jahr" wieder weltweit

Jeder dunkle Tunnel ist einmal zu Ende: Die ZF Friedrichshafen AG fährt schon wieder im Sonnenschein. Nach einem Krisenjahr mit dramatischen Einbrüchen ist der Autozulieferer auf Wachstumskurs.

Eine Mitarbeiterin von ZF arbeitet am Band im Werk Friedrichshafen am Bodensee an einem Bus-Getriebe. Foto: dpa Stuttgart/Friedrichshafen Wirtschaftslenker sind meist kühl denkende und handelnde Menschen - entsprechend klingt ihre Sprache. Anders war es gestern bei der Bilanzvorstellung der ZF Friedrichshafen AG. Der Chef des Autozulieferers, Hans-Georg Härter, fand emotionale Worte: "dramatisch, ohne Frage", "dramatische Einbrüche", "dramatisch schwieriges Krisenjahr, das wir so hoffentlich nicht mehr erleben müssen".

Gemeint war das Geschäftsjahr 2009, das dem Zulieferer vom Bodensee unterm Strich ein Minus von 434 Mio. EUR bescherte. Der Umsatz ging je nach Region um bis zu 30 Prozent zurück. Auch der vierköpfige Vorstand spürte die Krise und verdiente 2,7 Mio. EUR nach 7,4 Mio. im Jahr zuvor.

Die Nutzfahrzeug-Sparte traf es dabei härter als die der Pkws. Der Umsatz bei Lastwagen halbierte sich, die Stornierungen lagen über dem Neugeschäft. "Dazu kam, dass Russland Einfuhrzölle bis zu 30 Prozent anhob", sagte Härter. Lediglich in China blieb man ungeschoren.

Doch Härter war nicht zum Trübsal blasen: "Wir haben wieder kräftig Fahrt aufgenommen, sowohl in der Umsatz- wie auch in der Ertragsentwicklung", schickte er als Botschaft der Bilanz-Pressekonferenz voraus. In den ersten Monaten diesen Jahres zog das Geschäft überall an. Im Vergleich zum Vorjahr wurden ein Drittel mehr Umsätze erzielt; in Asien und Südamerika sogar 67 und 75 Prozent. Starkes Wachstum gab es aber auch bei leichten Nutzfahrzeugen in Osteuropa und Nordamerika. Das Baumaschinengeschäft, das 2009 fast zwei Drittel hinter dem Vorjahr zurückblieb, könnte in diesem Jahr wieder um 10 Prozent zulegen, orakelte er. Und sogar das einstige Sorgenkind USA schreibt wieder schwarze Zahlen. Der krisengeschüttelte Auftraggeber Chrysler habe sich als verlässlicher Geschäftspartner erwiesen, der durchaus Zukunft habe. In Nordamerika kündigte Härter ein wichtiges Projekt an - ohne Näheres zu nennen.

Insgesamt könnte der Umsatz 2010 bei 11 Mrd. EUR liegen - ein Plus von 18 Prozent.

Den Schwenk raus aus der Krise haben laut Härter neben der allgemeinen Wirtschaftserholung auch Kostenreduzierungen von 600 Mio. EUR ermöglicht. Mit Krediten sicherte sich ZF gegen die Krise ab und ermöglichte Unabhängig- und Handlungsfähigkeit. So wurden die Ausgaben für Forschung und Entwicklung mit 663 Mio. EUR im Krisenjahr nur wenig gekürzt. "Wir sind unter den zehn größten Anmeldern von Patenten in Deutschland und bewegen uns auf Augenhöhe mit Bosch, Daimler und Siemens." Weltweit forschen 5300 Mitarbeiter, davon allein in Friedrichshafen 750.

In Deutschland verzichtete ZF auf betriebsbedingte Kündigungen. Im Ausland funktionierte dies nicht, weil es weniger Möglichkeiten zur Beschäftigungssicherung gab, sagte der Vorstandsvorsitzende. Hierzulande wurden Zeitkonten abgebaut, die Zahl der Zeitarbeiter reduziert, bis zu 24 000 Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt, Arbeitszeit verkürzt, unbezahlte Freizeit (Sabbatical) und Vorruhestand angeboten und mit Qualifizierungsmaßnahmen Zeit überbrückt. Aus einem Fonds floss Geld an bedürftige Mitarbeiter; vom Arbeiter bis zum Vorstand haben alle eingezahlt - eine verbindende Einrichtung, sagt Härter.

Derzeit arbeiten noch 12 000 Mitarbeiter kurz, im Mai sollen es deutlich weniger sein. In Schweinfurt fehlen bereits erste Kräfte. Und ein Vor-Krisen-Problem stellt sich ein: Aluminium und Stahl wird deutlich teurer. Härter: "Wir haben uns zwar mit Verträgen abgesichert. Doch manche Lieferanten ignorieren die wasserdichten Abmachungen einfach und erhöhen die Preise."

südwest presse,15.04.2010

Letzte Änderung: 15.04.2010