Job für arbeitslose Mutter im Rotlichtmilieu

17.11.2006 Arbeitsagentur hat dubioses Angebot auf Lager für arbeitslose Mutter. Wer Arbeit sucht, darf nicht heikel sein, dachte sich wohl ein Vermittler der Arbeitsagentur Aachen.

BESCHÄFTIGUNG /Arbeitsagentur hat dubioses Angebot auf Lager
Mini-Job im horizontalen Gewerbe

Wer Arbeit sucht, darf nicht heikel sein, dachte sich wohl ein Vermittler der Arbeitsagentur Aachen. Er bot einer arbeitslosen Frau einen Job im Rotlichtmilieu an.

Johannes Nitschmann
AACHEN • Von der Arbeitsagentur (Arge) Aachen erhielt Thea S. am 26. Juli dieses Jahres einen "Vermittlungsvorschlag". Die zweifache Mutter sollte sich "umgehend" bei einer "Medienagentur im erotischen Bereich" bewerben: Laut Stellenbeschreibung des Vermittlungsangebots ging es bei dieser »geringfügigen Beschäftigung" um die "Gewinnung neuer Mitglieder für die interaktive Internetplattform".
Um ihre Arbeitslosenhilfe nicht zu riskieren, stellte sich Thea S. bei der dubiosen Medienagentur vor. Dort erfuhr sie, dass sie im Rahmen eines Mini-Jobs auf Honorarbasis in den Rotlichtmilieus von Aachen, Düsseldorf und Köln Prostituierte akquirieren sollte, die auf der Internetplattform der Erotik-Agentur ihre Liebesdienste anbieten.
Der Agentur-Chef habe ihr bedeutet, dass eine reine Telefon-Akquise nicht ausreiche. Vielmehr sei ein "persönlicher und körperlicher Einsatz* im horizontalen Gewerbe erforderlich, behauptet Thea S. Die arbeitssuchende Mutter lehnte entsetzt ab, schaltete einen Anwalt ein.
Empört zeigte sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), deren Wahlkreis Aachen ist: "Das ist eine Ungeheuerlichkeit." Bei den Vermittlungsangeboten der Arbeitsagentur müsse "das Selbstbestimmungsrecht der Frau respektiert" werden. Die Stadtverwaltung Aachen sprach von einer "Panne".
"Die Stadt Aachen bedauert den Vorfall zutiefst." Reumütig reagierte auch die Aachener Arbeitsagentur. "Ein fataler Fehler" sei dieser Vorgang gewesen, erklärte deren Geschäftsführer Marcell Raschke. Er entschuldigte sich bei Thea S. und kündigte "interne Konsequenzen" aus dem Vorfall an.
Nach den Richtlinien der Bundesagentur für Arbeit sind Stellenvermittlungen in der Erotikbranche aber zulässig. Allerdings sei die Abgrenzung zur Prostitution bei der Vermittlung von Bardamen und Tänzerinnen "häufig schwierig", sagte Ilona Mirtschin, Pressereferentin der Bundesagentur. Nach einer "internen Dienstanweisung" ihrer Nürnberger Zentrale sind Arbeitsvermittler gehalten, Stellenangebote im Rotlichtmilieu "entgegenzunehmen, soweit kein offensichtlicher oder eindeutiger Bezug zur Prostitution besteht".

Südwestpresse
03.08.2006

Letzte Änderung: 21.11.2007