Institut Dr. Foerster begeht Tarifflucht

Institut Dr. Foerster

09.07.2020 Ohne vorherige Gespräche kündigt das Unternehmen seine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband.

Überraschend haben wir Ende Juni erfahren, dass das Reutlinger Traditionsunternehmen Institut Dr. Foerster zum 31.12.2020 aus dem Arbeitgeberverband Südwestmetall austreten will. Dies wurde den Beschäftigten am 23.06.2020 per Videobotschaft vom geschäftsführenden Gesellschafter Felix Förster mitgeteilt. "Unmittelbar danach wurden wir vom Betriebsrat und unseren Mitgliedern kontaktiert", so die Geschäftsführerin der IG Metall, Tanja Silvana Nitschke. "Dieser Schritt traf uns völlig überraschend. Das Unternehmen hat im Vorfeld zu keinem Zeitpunkt mit uns als Sozialpartner das Gespräch gesucht."

Institut Dr. Foerster

"Wir haben uns bis heute nicht dazu öffentlich geäußert, da wir zuerst das Gespräch mit der Geschäftsleitung suchen wollten. Bei uns gilt schon immer das Motto: ‚Nicht übereinander reden, sondern zuerst miteinander"", so Nitschke. Warum das Unternehmen die Mitgliedschaft beim Arbeitgeberverband gekündigt hat war die explizite Frage von Seiten der Ersten Bevollmächtigten und dem zuständigen Gewerkschaftssekretär Ralf Jaster. "Das Gespräch mit dem Arbeitgeber am 07. Juli war leider so ernüchternd wie erwartet", so Jaster. Bereits gegenüber seinen Mitarbeitern hatte der Arbeitgeber den Verbandsaustritt damit begründet, dass er sich durch den Arbeitgeberverband nicht mehr vertreten fühle. IG Metall Chefin Nitschke wollte wissen, ob wirtschaftliche Probleme der Grund für den Austritt sind. "Laut Aussage des Arbeitgebers ist die wirtschaftliche Situation aber nicht der Grund. Nun sollen den Beschäftigten neue Arbeitsverträge vorgelegt werden", so Nitschke. Es werde sich für die Arbeitnehmer aber nichts ändern. Die Tarifbindung wolle man nicht mehr, denn sie bringe dem Unternehmen nichts, so die Aussage von Herrn Förster im Gespräch mit der IG Metall.
"Warum begeht ein Arbeitgeber Tarifflucht, wenn sich doch angeblich für die Beschäftigten nichts ändern soll?" fragen sich Nitschke und Jaster.

Magnetische Prüfanlagen

Auch die Tatsache, dass die Magnetische Prüfanlagen GmbH in Reutlingen, eine nicht tarifgebundene Tochter des Institut Dr. Foerster, zum 01. Januar 2021 in das Institut Dr. Foerster verschmolzen werden soll, liefert keinen Grund für die Tarifflucht. Ralf Jaster von der IG Metall bestätigt, dass es keine aktuellen betrieblichen Probleme gibt, die nicht auf Basis der bestehenden Tarifverträge gelöst werden könnten. "Es scheint, dass der Arbeitgeber sich schlichtweg der Tarifverträge entledigen will, um künftig alles alleine und einseitig entscheiden zu können. Wir gehen davon aus, dass dies für die Beschäftigten deutliche Nachteile mit sich bringen wird. Die Beschäftigten werden von der tariflichen Entgeltentwicklung abgehängt. Auch viele tarifliche Leistungen werden in Frage gestellt werden. Das ist unsere Erfahrung aus ähnlichen Fällen." Angesichts der aktuellen weltwirtschaftlichen Krise im Zuge der Coronapandemie ist Tarifflucht besonders unverständlich, da sich die IG Metall gerade in Krisenzeiten immer als zuverlässiger Partner gezeigt hat. "Auch wenn das Institut Dr. Foerster momentan gut aufgestellt ist, weiß keiner was morgen ist. Weitblick ist auch bei unternehmerischen Entscheidungen gefragt", so die IG Metall.

"Wir sind auch weiterhin für Gespräche mit dem Arbeitgeber offen, wenn sie helfen, den Verbandsaustritt noch abzuwenden.", so Nitschke und Jaster unisono. "Wir scheuen uns aber auch nicht vor dem drohenden Konflikt, wenn der Arbeitgeber bei dieser Entscheidung bleiben sollte. Das hätte dann aber einzig und allein das Unternehmen selbst zu verantworten" so Nitschke. Einseitige Entscheidungen mit Auswirkung auf alle Arbeitnehmer sind nicht das, was Beschäftigte von einem guten Arbeitgeber erwarten, so die hiesige IG Metall. Tanja S. Nitschke: "Wenn der Arbeitgeber nichts ändern will, warum begeht er dann Tarifflucht? Diese Frage sollten alle Beschäftigten vor Augen haben!"

Letzte Änderung: 08.07.2020